Geschichte – Außerunterrichtliche Veranstaltungen | Justus-Knecht-Gymnasium Bruchsal

Geschichte – Außerunterrichtliche Veranstaltungen



Gedenkfahrt ins Internierungslager Gurs in den französischen Pyrenäen

Gurs

Die meisten badischen Jüdinnen und Juden wurden ab dem 22. Oktober 1940 ins Internierungslager Gurs in den französischen Pyrenäen deportiert. Etwa 6500 Menschen aus unserer Region wurden dort unter unmenschlichen Bedingungen gequält, erniedrigt und entrechtet, über tausend fanden dort den Tod. Allein elf Bruchsalerinnen und Bruchsaler waren darunter. An sie erinnern die Grabsteine auf dem Friedhof des ehemaligen Lagers. Eine große Zahl an Lagerinsassen wurde von Gurs aus in weitere Lager deportiert. Viele von ihnen starben schließlich im Vernichtungslager Auschwitz. Vertreterinnen und Vertreter der badischen Gemeinden, deren Bürgerinnen und Bürger diesem schrecklichen Leid ausgesetzt waren, erinnern jedes Jahr vor Ort in Gurs an die Opfer der Verfolgung, der Vertreibung und des Völkermords. Zur Delegation gehörten politische Vertreterinnen und Vertreter, Mitglieder der israelitischen Religionsgemeinschaft und Jugendliche aus ganz Baden und der Südpfalz.

Da die Stadt Bruchsal dieses Jahr für die Ausrichtung der Gedenkfahrt verantwortlich war, konnten drei Mitglieder der Schulgemeinschaft des JKG teilnehmen. Helen Kratz und Johnann Schäfer aus der Klasse 9 s und die Lehrerin Anja Krug in ihrer Eigenschaft als Gemeinderätin nahmen an der Gedenkfahrt teil. Die Schülerin und der Schüler hatten am Stolpersteinprojekt teilgenommen, das seit Jahren im Rahmen des Projektunterrichtes in Klasse 8 von Oberstudienrat Florian Jung geleitet wird. Innerhalb des Projekts recherchieren die Teilnehmenden Fakten über Bruchsaler Verfolgte des NS-Regimes. Anschließend verfassten sie Biographien, die dann in einer Publikation der Stadtverwaltung Bruchsal veröffentlicht werden. Den Höhepunkt findet das Projekt in der Verlegung eines Stolpersteins am Wohngebäude des Menschen, an den damit erinnert wird. Auf diese Weise wird den Schülerinnen und Schülern ein authentischer Zugang zu historischem Geschehen ermöglicht, Empathie geschult und unter Anleitung des Lehrers auch der Umgang und die Arbeit mit Quellen vermittelt.

Über ihre Eindrücke bei der Recherche der Biographien jüdischer Bruchsalerinnen und Bruchsaler und ihre große Betroffenheit über die Eindrücke von Verfolgung und schlimmster Gewalt berichteten Helen Kratz und Johann Schäfer bei ihrer Rede anlässlich der Gedenkfeier in Gurs. Erinnern und als Gesellschaft alles dafür zu tun, um Ausgrenzung, Gewalt und Verfolgung zu verhindern, war die zentrale Botschaft der Reden, die am Gedenkort gehalten wurden. Das Programm vor Ort in Gurs ermöglichte auch die Begegnung und den Austausch mit Zeitzeugen der zweiten Generation, die engagiert über den Umgang ihrer überlebenden Eltern mit der Zeit im Lager berichteten. So berichtete Rita Althausen von Ihrem Vater Oskar Althausen, der offen in der Familie über sein Schicksal sprach. Er besuchte Schulklassen und engagierte sich für die Schaffung des Erinnerungsortes in Gurs. Hélène Yaiche-Wolf berichtete dagegen, dass ihr Vater Richard Wolf seine Erinnerungen nicht an seine Kinder weitergeben konnte. Tief berührt waren alle Teilnehmenden von den Schicksalen und den eindringlichen Schilderungen der unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Menschen in Gurs zu leiden hatten.

Eine ausführliche Begehung des Lagergeländes ermöglichte weitere Einblicke in das Geschehen. Auch wenn die Gebäude in Gurs allesamt Rekonstruktionen sind, erhält man doch einen Eindruck von den Bedingungen vor Ort.

„Die Erinnerung an die Opfer des Holocaust muss unbedingt wachgehalten werden, damit solche Verbrechen nie wieder geschehen. Das ist unsere Verantwortung.“, so das gemeinsame Fazit der teilnehmenden Delegation aus dem Justus-Knecht-Gymnasium.

Text und Foto: Krg (Oktober 2022)



Projektgruppe der 8. Klassen beteiligt sich erneut an Stolpersteinaktion

Stolpersteine-Juni-2016

Mit einem schwierigen Thema beschäftigt sich die Projektgruppe der 8. Klassen am JKG, geleitet vom Historiker OStr Florian Jung, nämlich mit der Aufarbeitung und Aufklärung der Verbrechen des Nationalsozialismus, vornehmlich im Bruchsaler Raum. Dabei erarbeiteten sich die Schüler Sarah Betz, Muhammed Dana, Eduard Gross, Moritz Haberland, Sascha Hermann, Niels Huber, Finan Kluge, Nicolas Konrad, Marco Moschinski, Valerie Kurz, Malte Rieseweber, Julian Schleicher, Philipp Schlindwein und Dennis Wagner die Lebensumstände und die Leidensgeschichten an konkreten Opferbiografien von Bruchsaler Juden. Sie betrieben historisch korrekt Quellenstudium und recherchierten in Archiven und einschlägiger Literatur. Außerdem konnten sie Kontakte herstellen zu Angehörigen von Opfern der Nazi-Verbrechen, wie z.B den Familien Bär, Prager, Bornhäuser und Kahn.

Verknüpft werden konnte die Projektstunde mit dem Kunstprojekt „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der mit seinen Aktionen der Stolpersteinverlegung steinerne Mahnmale gegen das Vergessen von Einzelschicksalen schaffen will. Die Projektgruppe um Florian Jung war bereits bei der ersten Aktion in Bruchsal im Frühjahr 2015 beteiligt und war nun wiederum aktiv involviert bei der zweiten Verlegung am 27.6.2016. Zunächst präsentierten die Schüler bei der Auftaktveranstaltung, einer ergreifenden Gedenkfeier im Vortragsraum des Krankenhauses, die Ergebnisse ihrer Recherche in Wort und Bild im Wechsel mit Musikbegleitung und Worten der Nachfahren und Verwandten der gewürdigten NS-Opfer, die teilweise aus den USA angereist waren.

Danach begaben sich alle zu den Verlegungsstellen in der Gutleutstraße, Styrumstraße, Friedrichstraße, Kaiser-und Bahnhofstraße. Auch hier leisteten die Schüler ihren Beitrag, während Gunter Demnig die beschrifteten kleinen Messingplatten auf Steinwürfeln in die Bürgersteige einließ. Insgesamt war es sehr beeindruckend, mit welchem Engagement und welcher Ernsthaftigkeit die noch sehr jungen Schüler sich auf solch ein erschreckendes Thema einließen und mit viel Fleiß die Biografien der Nazi-Opfer rekonstruiert hatten.

Text und Foto: Jg



Exkursion der 10. Klassen zum ehemaligen KZ Natzweiler-Struthof (2014)

Es war schon eine organisatorische Herausforderung einen Ausflug für die gesamten Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen vorzubereiten. Das Angebot der Geschichtslehrer war auf so großes Interesse gestoßen, dass am Morgen des 23.05.2014 ganze 180 Schüler und 10 Lehrkräfte verteilt auf vier Busse ins nahe Elsaß aufbrachen. Kurz hinter Straßburg verließ uns dann der heftige Gewitterregen und wir erreichten bei schönstem Sonnenschein das am Vogesenkamm gelegene Dorf Natzweiler. Hier hatten die Nationalsozialisten nach der Besetzung des Elsaß schon ab 1941 ein Arbeitslager errichtet, das zunächst der Förderung von rotem Granit und später der Rüstungsindustrie dienen sollte. Tatsächlich haben von den über 52 000 Häftlingen, die in den 4 Jahren seiner Existenz das Lager durchliefen, fast 20 000 den Tod gefunden, so dass man noch vor dem wirtschaftlichen Nutzen die „Vernichtung durch Arbeit“ als das eigentliche, unmenschliche Ziel der NS-Führung erkennen kann. Im KZ Natzweiler kamen die Lagerinsaßen in den berüchtigten Arbeitskommandos zu Tode, aber es fanden auch gezielte Exekutionen von französischen Widerstandskämpfern und zweifelhafte medizinische Versuche statt.

Während die eine Hälfte der Schülerinnen und Schüler direkt die auf 750m gelegene Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in eigener Regie besichtigten, ließ sich die andere Hälfte zunächst von den deutschsprachigen Museumsführern des „Mémorial d’ Alsace“ im gegenüberliegenden Hirzeck durch die Ausstellung geleiten. Das moderne und multimedial ausgestattete Museum widmet sich der elsässischen Geschichte zwischen 1870 und 1960. Auf die Besucher stürmen hier viele Sinneseindrücke ein und man kann sich dank der aufwendigen Rauminstallationen gut in die verschiedenen Epochen der deutsch-französischen Geschichte hineinversetzen. So wird beispielsweise ein Bunker der Maschinot-Linie oder eine von Gefechtslärm belebte, aber sonst gespenstisch tote Kriegslandschaft durchschritten. Unseren Schülern hat die anschauliche Präsentation zwar gefallen, aber ihnen ist trotz des medialen Spektakels nicht die einseitige Darstellungsweise entgangen, welche die Deutschen und jegliche Kollaborateure als schwarz und böse, die frankreichtreuen Elsässer dagegen als weiß und edel zeigt. So haben wir neben allen geschichtlichen Inhalt en auch etwas über historische Interpretation und nationale Sichtweisen gelernt.

Nach der Mittagspause haben beide Gruppen getauscht und den zweiten Besichtigungspunkt angesteuert. In der warmen Mittagssonne wirkte der Gang über das KZ-Gelände fast surreal. Dennoch haben die Informationen über den Lageralltag und die hier geschehenen Grausamkeiten alle Gemüter bewegt. Die noch erhaltenen Bauten der Kommandantenvilla, des Lagertors, zweier Baracken und der Sicherungstürme und -zäune vermitteln bis heute Struktur und Dimension des Lagers. Besonders der zentrale Hinrichtungsplatz mit Galgen und die Gefängnisbaracke zeigen die perfiden Methoden der SS-Männer. Obwohl während unseres Aufenthaltes das Krematoriumsgebäude wegen Renovierungsarbeiten nicht zu besichtigen war, fiel es keinem schwer am Ende des Rundgangs in einer Schweigeminute vor dem Massengrab der Klärgrube zu verharren. Auf der Rückfahrt geriet einer der Reisebusse leider noch in einen leichten Unfall mit einem LKW, bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde. Am späten Nachmittag erreichten alle wieder das JKG nach einem eindrucksvollen Tag.

atzweiler 2014
Text und Foto: A.Großmann-Schygulla

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